Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 15.09.2004
(Aktenzeichen B 3 KR 20/04 R) eine Krankenkasse dazu verpflichtet,
einem Kläger, der einseitig beinamputiert ist, mit einer Prothese nach
dem neuesten Stand der Technik zum Preis von 21.324,75 € zu
versorgen.
Die Krankenkasse argumentierte, dass der Kläger ja erst im April 1999
mit einer neuen Beinprothese versorgt worden sei. Diese Prothese
kostete 14.140,98 €. Die Ärzte des Klägers verordneten ihm im
Februar 2001 eine neue Prothese, die im Gegensatz zur bisherigen
Prothese nun auch mit einer Steuerung mit Mikroprozessortechnik
ausgestattet ist.
"Mit der bisherigen Versorgung ist aber dem Anspruch des Klägers
auf den erforderlichen und nach dem Stand der Medizintechnik möglichen
Behinderungsausgleich (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) nicht Rechnung
getragen worden. Solange ein Ausgleich der Behinderung nicht
vollständig erreicht ist im Sinne eines Gleichziehens mit einem
gesunden Menschen, kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen
Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher
erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend."
(Zitat aus dem Urteil).
Die Krankenkasse argumentierte weiter, dass ein besserer Ausgleich der
Behinderung durch die neue Prothese noch nicht bewiesen ist. Ein
solcher Beweismaßstab gilt in der gesetzlichen Krankenversicherung bei
der Beurteilung der Wirksamkeit von Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden sowie von Arzneimitteln. Für das In-Verkehr-Bringen
von Hilfsmitteln bestehen derartige Zulassungsvoraussetzungen nicht.
Die meisten Hilfsmittel sind allerdings Medizinprodukte i.S.d.
Medizinproduktegesetzes (MPG) und dürfen deshalb nur in den Verkehr
gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn sie mit einer
CE-Kennzeichnung versehen sind. Voraussetzung für diese Kennzeichnung
ist, dass die grundlegenden Anforderungen des § 7 MPG erfüllt sind und
ein für das jeweilige Hilfsmittel vorgeschriebenes
Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt worden ist. Wird die
CE-Kennzeichnung einem Hilfsmittel zuerkannt, ist davon auszugehen,
dass das Hilfsmittel grundsätzlich geeignet ist, den medizinischen
Zweck zu erfüllen, den es nach den Angaben des Herstellers besitzen
soll, und dass es die erforderliche Qualität besitzt, die notwendig
ist, um die Sicherheit seines Benutzers zu gewährleisten (vgl. § 1 MPG).
Diese Voraussetzung für die Hilfsmittelversorgung ergibt sich zwar
nicht unmittelbar aus § 33 SGB V; sie folgt aber aus den Anforderungen,
die das Gesetz in § 139 Abs. 2 SGB V für die Aufnahme eines
Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis stellt, wobei diese Aufnahme
selbst für den Anspruch des Versicherten nicht maßgebend ist. Mit der
CE-Kennzeichnung ist das Hilfsmittel im Sinne der Produktsicherheit und
Zwecktauglichkeit auch im krankenversicherungsrechtlichen Sinne
funktionstauglich, ohne dass dies von den Krankenkassen oder Gerichten
eigenhändig zu prüfen wäre; der CE-Kennzeichnung kommt insoweit eine
Tatbestandswirkung zu, der zutreffend darauf hinweist, dass trotz der
unterschiedlichen Terminologie von MPG und SGB V inhaltlich teilweise
Deckungsgleichheit besteht.